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VAMÖ - CHRONIK
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Im Wechsel des Namens spiegelt sich die 75-jährige Geschichte des Verbandes recht
deutlich.
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Stand am Beginn das Bekenntnis zur sozialdemokratischen Arbeiterbewegung in Österreich,
so ist heute der Dachverband für alle Musikvereine des Landes offen. Manch alter
Musikfreund mag diese Entwicklung vielleicht bedauern, aber in unserer modernen
Gesellschaft öffnen immer mehr Bereiche den Zugang für möglichst viele Menschen,
ohne ein politisches Bekenntnis ablegen zu müssen.
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Vom Verband der Arbeiter- Musikvereine
zum Verband der Amateurmusiker und -Vereine Österreichs
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75 Jahre Geschichte des VAMÖ - Im Wechsel des Namens!
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Ganz anders war dies nach dem Ende des Ersten Weltkrieges zur Zeit der Gründung
der Republik und in den politisch und wirtschaftlich so unruhigen Zwanziger- und
Dreißigerjahren unseres Jahrhunderts. In diese Zeit fällt die Verbandsgründung.
Die Arbeiterbewegung war in einer heute nicht mehr nachvollziehbaren Aufbruchstimmung
und es bildeten sich im ganzen Land, besonders aber in den Städten, unzählige Sport-
und Kulturvereine, darunter auch Musikvereine.
In Wien gab es bald nach Kriegsende einige Mandolinen- und auch Zithervereine und
der Ruf nach einer Zusammenfassung zu einer Dachorganisation wurde allmählich stärker.
Im Herbst 1924 war es dann soweit. Am 21. September fand die erste konstituierende
Sitzung statt.
In einer zweiten Sitzung am 2. November einigte man sich über die Verbandsstatuten.
Diesem vorbereitenden Komitee gehörten an: Franz Prach als Obmann, ihm zur Seite
standen Hans Fries, Editha Nedorost, Josef Vybiral und Friedrich Vogl. Sie gelten
als die Gründungsmitglieder des Verbandes. Am 22. November 1924 fand die Gründungs-Generalversammlung
statt. Das ist unser wirkliches Grüdungsdatum. Der " Zentralverband der Arbeiter-
Mandolinenorchester Österreichs" trat damit an die Öffentlichkeit.
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Die besten Güter der Menschheit
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Erster Obmann wurde Anton Marouschek, die genannten Komiteemitglieder gehörten dem
Vorstand als Beisitzer an. Als Verbandsdirigent wurde Prof. Karl Friedenthal gewählt.
Die Vereinsbehörde genehmigte die Statuten am 2. Februar 1925, das ist unser behördliches
Gründungsdatum. Nun ging es rasch bergauf.
Februar 1925 erschien zum ersten Mal die Verbandszeitschrift "Die neue Volksmusik"
und bereits am 24. Mai 1925, wenige Monate nach der Verbandsgründung fand im Großen
Konzerthaussaal in Wien unter der Leitung von Prof. Friedenthal das erste Verbandskonzert
mit 340 Mitwirkenden statt . In der Verbandszeitschrift lesen wir über dieses Konzert
unter anderem " Den Arbeitermandolinisten soll unser Motto in goldenen Lettern vor
Augen stehen: Wer die Volksmusik fördert, fördert die besten Güter der Menschheit."
Am 31. Jänner 1926 fand der erste Verbandstag statt.
Seit der Gründung war die Zahl der Mitgliedsvereine von 13 auf 25 angewachsen und
die Zahl der Mitglieder erhöhte sich von 594 auf 1012. Friedrich Vogl übernahm 1927
die Obmannstelle. In seiner Zeit wurde aus den besten Vereinsspielern ein Verbandsorchester
gegründet, das am 27. August 1928 zum ersten Mal mit 44 Musikern unter dem Dirigenten
Hans Ortmann im Rundfunk auftrat.
Vogl bewirkte 1928 auch die Gründung einer "Arbeiter- Musikschule". Alle Instrumente
konnten in ihr erlernt werden, ebenso wurde theoretischer Unterricht angeboten.
Das hatte zur Folge, dass sich auch Blasmusikvereine und Laienstreichorchester dem
Verband anschlossen. Beim 4. Verbandstag 1929 änderte deshalb der Verband seinen
Namen in "Zentralverband der Arbeiter-Musikvereine Österreichs."
1930 wurde aus dem Kreis der Lehrer der Arbeiter-Musikschule der an der Staatsoper
wirkende Dr. Leopold Bracharz zum Obmann gewählt und auch zum Dirigenten des Verbandsorchesters
bestellt. In diesem Jahr wurde auch eine Geschäftsstelle geschaffen, die Instrumente
und Musikalien billig zur Verfügung stellte. Otto Schindler leitete sie bis 1934.
Beim 6. Verbandstag 1932, dem letzten in der Ersten Republik, wurde der Name neuerlich
abgeändert in "Verband der Arbeiter -Musikvereine Österreichs". Dieser Namen blieb
bis zum 13. Verbandstag (neue Zählung ab 1946) am 16.Oktober 1993.
Seither bedeutet die Kurzform VAMÖ "Verband der Amateurmusiker und -vereine Österreichs"
. Die großartige Entwicklung, die der Verband in nur wenigen Jahren genommen hatte,
wurde im Bürgerkrieg des Februar 1934 gewaltsam unterbrochen, die sozialdemokratische
Arbeiterbewegung verboten und alle ihr nahestehenden Organisationen aufgelöst.
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Auflösung des Verbandes?
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Dies geschah für den VAMÖ, Sitz Wien XIV, Oelweingasse 7 mit Bescheid 121038- GD
2 am 14. Februar 1934.
Als Begründung wurde unter anderem angeführt:
".Mit Verordnung der Bundesregierung vom 12. Februar 1934 wurde der Sozialdemokratischen
Partei jede Betätigung verboten. ............Es ist amtsbekannt, daß der vorstehend
erwähnte Verein ..........im Sinne dieser Partei tätig war und noch ist.........und
war daher aufzulösen."
In dem Bescheid wurde auch ausdrücklich verordnet, dass mit der Auflösung des Dachverbandes
alle ihm angehörenden Mitgliedvereine ebenfalls aufgelöst sind. Nach vier Jahren
autoritärem Ständestaat ohne demokratische Freiheitsrechte folgten die sieben Jahre
der noch viel schlimmeren Naziherrschaft in unserem Lande. Trotz der schwierigen
Verhältnisse und trotz der Mühen die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte gelang
es einigen Vereinen sich am Leben zu erhalten und nach Kriegsende 1945 mit dem Wiederaufbau
zu beginnen.
Bald fanden sich einige Funktionäre aus der Zeit vor 1934 zusammen und betrieben
die Reaktivierung des Verbandes. Als dies durch behördlichen Entscheid gelungen
war, nahm ein provisorischer Vorstand mit Ernst Velek als Obmann die Arbeit auf.
In vielen Gesprächen gelang es, die Bildung einander konkurrierender Verbände zu
verhindern. Am 2. Juni 1946 schloss sich der "Bund vereinigter Volksmusikvereine"
mit seinem Präsidenten Stefan Kadrnoska dem VAMÖ an. Die Monatszeitung des Bundes
"Allgemeine Volksmusik-Zeitung" wurde vom VAMÖ übernommen und ab August 1946 als
"Die Volksmusik" weitergeführt.
Am 10. November 1946 fand im Alten Rathaus in Wien der 1. Verbandstag des VAMÖ statt.
Der Präsident des VAMÖ, Gemeinderat Adolf Planek begrüßte hochrangige Gäste und
der provisorische Obmann Velek stellte ausführlich das sehr schwierige Wiedererstehen
des VAMÖ dar. Die Neuwahlen hatten folgendes Ergebnis: Geschäftsführender Obmann
wurde Ernst Velek, ihn unterstützten im Vorstand Rolf Chitil, Anna Steinmann, Karl
Grand, Hubert Schalka, Oskar Opavsky, Franz Hofer, Ludwig Chytry, Hans Göstl, Josefine
Bock, Walter Kaczarik, Eduard Grassl. Alois Florian, Heinrich Frattinger, Josef
Scheuch, Leo Gludowatz.
Die Zeitung und das Sekretariat betreute Stefan Kadrnoska. Rolf Chitil war auch
als Verbindungsmann zum Kulturamt der Stadt Wien tätig. Dieses Team schuf die Grundlagen
für eine erfolgreiche Arbeit in den folgenden Jahren bis in die Gegenwart.
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Der Wiederaufbau
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Der Neustart war gelungen und so kam es, dass bei den folgenden Verbandstagen mit
einem ständig erneuerten Kreis von Mitarbeitern gute Arbeit geleistet wurde. Zur
Zeit des 1. Verbandstages waren 22 Vereine (18 Wiener, 3 Niederösterreicher und
ein Steirer) Mitglied. Es waren dies 9 Mandolinenvereine, 9 Zithervereine, 2 Blasmusiken,
ein Tamburizzaverein und eine Jazzgruppe. Ernst Velek blieb Obmann bis zum 3. Verbandstag
am 3. Oktober 1953. Ab Oktober 1946 gab es wieder Verantwortliche für die Fachgruppen
Dirigenten und Lehrer, für Solisten und Ensembles, für die Mandoline, für die Zither,
für das Akkordeon, für Blasorchester und für Streicher. Während seiner Amtszeit
gelang es- die Rundfunkkonzerte wieder ins Leben zu rufen und mit dem Auftritt von
300 Musikern im Arkadenhof des Wiener Rathauses am 12. Oktober 1947 die Öffentlichkeit
zu interessieren.
1947 wurde ein Dirigentenlehrgang eingerichtet und dem großen Mangel an Musikstücken
sollte ein Kompositionswettbewerb für Mandoline und Zither abhelfen. Von 1948 bis
1952 fanden fünf solcher Wettbewerbe statt. Als Stefan Kadrnoska 1947 seine Ämter
zurücklegte, folgte am 1. März 1948 Rolf Chitil als Sekretär und Leiter der Geschäftsstelle.
Auf dem 3.Verbandstag wurde Franz Breuer zum Obmann gewählt. Er blieb es bis zum
8. Verbandstag am 24. November 1973.
In diesen fast auf den Tag genau 20 Jahren hat Franz Breuer dem Verband ein Profil
gegeben, das bis in unsere Tage gültig geblieben ist. In seine Amtszeit fällt die
verstärkte Teilnahme unserer Orchester im Rundfunk, der Ausbau der Dirigentenlehrgänge,
die Schaffung der VAMÖ-Konzerte ab 1958 in Wien und ihre Ausweitung auf die Bundesländer,
die alljährliche Teilnahme an der Eröffnung der Wiener Festwochen, die Ausgestaltung
der Verbandszeitschrift zu einem Fachblatt ersten Ranges mit exzellenten Beiträgen
von Adolf Grünberger, Dr. Franz Knotzinger, Dr. Georg Kotek, Prof. Heinrich Pröll,
Dr. Leopold Wech, Emil Wiessensteiner und vielen anderen, die Förderung des Akkordeons
und die Verbesserung der Kontakte zum Ausland. Franz Breuer ist nicht wirklich ausgeschieden.
Er widmete sich ganz der Gestaltung der Verbandszeitschrift. Während seiner Amtszeit
gab es auch zweimal Anträge bei den Verbandstagen 1957 und 1961 auf Namensänderung
in "Verband der Amateur-Musikvereine Österreichs", die jedoch abgelehnt wurden.
In diese Periode fällt auch der Wechsel in der Präsidentschaft. Adolf Planek legte
sein Amt 1965 zurück. Auf seine Stelle folgte Landtagsabgeordneter Leopold Wiesinger.
Beim 8. Verbandstag 1973 wurde Bernhard Rappel zum Obmann gewählt. Er blieb Obmann
bis zum 10. Verbandstag. Am 14. November 1981 wurde die zweifache Akkordeon-Weltmeisterin
Hermi Kaleta zur Obfrau gewählt, die bis heute die Geschicke des Verbandes lenkt.
In diese Zeit fallen wichtige Entscheidungen zur Struktur des Verbandes. Die seminaristische
Weiterbildung hat sich durchgesetzt und hält bis heute ungebrochen an.
Die Zither hat 1979 mit dem ersten Seminar in Großrußbach begonnen und hat diese
Seminare bis in die Gegenwart fortgesetzt, zunächst beide Stimmungen am gleichen
Ort und zu gleicher Zeit. Ab dem siebenten Seminar (infolge der großen Beteiligung)
wurde beschlossen, die Zitherseminare nach Stimmung getrennt weiterzuführen. 1982
folgte die Fachgruppe für Mandoline und Gitarre mit dem ersten Seminar in Feichtenbach.
Auch diese Seminare werden bis in die Gegenwart fortgesetzt. Im selben Jahr begannen
die Akkordeon Wettbewerbe, die ebenfalls bis heute durchgeführt werden. Überdies
veranstaltete die Akkordeonfachgruppe im Jahr 1980 den internationalen Akkordeonwettbewerb
„Welt-Trophäe“ der C. M. A. in Brunn am Gebirge.
Ein fester Bestandteil der Verbandstätigkeit bis in die Gegenwart sind die 1958
begonnen VAMÖ-Konzerte. Bis heute finden sich viele Vereine zum gemeinsamen Spiel
ein. Eine Leistung, die kein anderer Verband zuwege gebracht hat.
Beim 11. Verbandstag am 19. Oktober 1985 legte Prof. Leopold Wiesinger sein Amt
nach genau 20 Jahren zurück. Ihm folgte Landtagsabgeordneter Oswald Strangl, im
Jahr 2005 wurde Landtagsabgeordnete Marianne Klicka zur Präsidentin gewählt.
Die Gründergeneration der Reaktivierung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist
nicht mehr unter uns. Sie hat mit viel persönlichem Einsatz die schwierigen Nachkriegsjahre
überwunden und den Nachfolgern eine gute Erbschaft hinterlassen. Möge ihre Arbeit
noch lange erfolgreich fortgeführt werden!
Text: Leopold Wiesinger
Ergänzung: Herta Habersam-Wenghoefer
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