VAMÖ – Chronik und Geschichte

vom
Zentralverband der Arbeiter-Mandolinenorchester Österreichs
zum
Vom Verband der Arbeiter-Musikvereine Österreichs
und zum
Verband der Amateurmusiker und -Vereine Österreichs

Im Wechsel des Namens spiegelt sich auch die Geschichte des Verbandes!

Stand bei der Verbandsgründung das Bekenntnis zur sozialdemokratischen Arbeiterbewegung und ihren Bedürfnissen im Vordergrund, so ist der Verband heute ein unpolitischer Kultur-Förderer für seine Mitglieder in allen Bundesländern Österreichs. Alle Musikinteressierte sind willkommen – ob in einem Musikverein, einer Spielgruppe tätig, oder auch als Einzelmitglied.

Die Verbandsgründung fällt in die Zeit der politisch und wirtschaftlich so unruhigen Zwanziger- und Dreißigerjahre. (Der erste Weltkrieg war vorbei, die erste Republik entstand.)
Die Arbeiterbewegung war in einer Aufbruchstimmung und es bildeten sich im ganzen Land, besonders aber in den Städten, viele Sport- und Kulturvereine, darunter auch Musikvereine.

Die Gründung

In Wien gab es bald nach Kriegsende einige Mandolinen- und auch Zithervereine und der Ruf nach einer Zusammenfassung zu einer Dachorganisation wurde allmählich stärker. Im Herbst 1924 war es dann so weit. Am 21. September fand die erste konstituierende Sitzung statt und in einer zweiten Sitzung am 2. November einigte man sich über die Verbandsstatuten.

Diesem vorbereitenden Komitee gehörten an: Franz Prach als Obmann, ihm zur Seite standen Hans Fries, Editha Nedorost, Josef Vybiral und Friedrich Vogl.
Sie gelten als die Gründungsmitglieder des Verbandes.

Am 22. November 1924 fand die Gründungs-Generalversammlung statt. Das ist unser wirkliches Gründungsdatum. Der “ Zentralverband der Arbeiter-Mandolinenorchester Österreichs“ trat damit an die Öffentlichkeit.

Erster Obmann wurde Anton Marouschek, die genannten Komiteemitglieder gehörten dem Vorstand als Beisitzer an. Als Verbandsdirigent wurde Prof. Karl Friedenthal gewählt. Die Vereinsbehörde genehmigte die Statuten am 2. Februar 1925, das ist unser behördliches Gründungsdatum. Nun ging es rasch bergauf.

Februar 1925 erschien zum ersten Mal die Verbandszeitschrift „Die neue Volksmusik“ und bereits am 24. Mai 1925, wenige Monate nach der Verbandsgründung fand im Großen Konzerthaussaal in Wien unter der Leitung von Prof. Friedenthal das erste Verbandskonzert mit 340 Mitwirkenden statt.
In der Verbandszeitschrift lesen wir über dieses Konzert unter anderem

“ Den Arbeitermandolinisten soll unser Motto in goldenen Lettern vor Augen stehen: Wer die Volksmusik fördert, fördert die besten Güter der Menschheit.“

Am 31. Jänner 1926 fand der erste Verbandstag statt.
Seit der Gründung war die Zahl der Mitgliedsvereine von 13 auf 25 angewachsen und die Zahl der Mitglieder erhöhte sich von 594 auf 1012. Friedrich Vogl übernahm 1927 die Obmannstelle. In seiner Zeit wurde aus den besten Vereinsspielern ein Verbandsorchester gegründet, das am 27. August 1928 zum ersten Mal mit 44 Musikern unter dem Dirigenten Hans Ortmann im Rundfunk auftrat.

Friedrich Vogl bewirkte 1928 auch die Gründung einer „Arbeiter-Musikschule“. Alle Instrumente konnten in ihr erlernt werden, ebenso wurde theoretischer Unterricht angeboten. Das hatte zur Folge, dass sich auch Blasmusikvereine und Laienstreichorchester dem Verband anschlossen. Beim 4. Verbandstag 1929 änderte deshalb der Verband seinen Namen in „Zentralverband der Arbeiter-Musikvereine Österreichs.“

1930 wurde aus dem Kreis der Lehrer der Arbeiter-Musikschule, der an der Staatsoper wirkende Dr. Leopold Bracharz zum Obmann gewählt und auch zum Dirigenten des Verbandsorchesters bestellt. In diesem Jahr wurde auch eine Geschäftsstelle geschaffen, die Instrumente und Musikalien preisgünstig zur Verfügung stellte. Otto Schindler leitete sie dann bis 1934.

Beim 6. Verbandstag 1932, dem letzten in der Ersten Republik, wurde der Name neuerlich abgeändert in „Verband der Arbeiter-Musikvereine Österreichs“. Dieser Namen blieb bis zum 13. Verbandstag (neue Zählung ab 1946) am 16.Oktober 1993. Seither bedeutet die Kurzform VAMÖ „Verband der Amateurmusiker und
-vereine Österreichs“.

Die großartige Entwicklung, die der Verband in nur wenigen Jahren genommen hatte, wurde im Bürgerkrieg des Februar 1934 gewaltsam unterbrochen, die sozialdemokratische Arbeiterbewegung verboten und alle ihr nahestehenden Organisationen aufgelöst.

Auflösung des Verbandes

Dies geschah für den VAMÖ, Sitz Wien XIV, Oelweingasse 7 mit Bescheid 121038- GD 2 am 14. Februar 1934.

Als Begründung wurde unter anderem angeführt:

„Mit Verordnung der Bundesregierung vom 12. Februar 1934 wurde der Sozialdemokratischen Partei jede Betätigung verboten. …………Es ist amtsbekannt, daß der vorstehend erwähnte Verein ……….im Sinne dieser Partei tätig war und noch ist………und war daher aufzulösen.“

In dem Bescheid wurde auch ausdrücklich verordnet, dass mit der Auflösung des Dachverbandes alle ihm angehörenden Mitgliedvereine ebenfalls aufgelöst sind. Nach vier Jahren autoritärem Ständestaat ohne demokratische Freiheitsrechte folgten die sieben Jahre der noch viel schlimmeren Naziherrschaft in unserem Land.

Trotz der schwierigen Verhältnisse und trotz der Mühen, die der Zweite Weltkrieg mit sich brachte, gelang es einigen Vereinen sich am Leben zu erhalten und nach Kriegsende 1945 mit dem Wiederaufbau zu beginnen.

Bald fanden sich einige Funktionäre aus der Zeit vor 1934 zusammen und betrieben die Reaktivierung des Verbandes. Als dies durch behördlichen Entscheid gelungen war, nahm ein provisorischer Vorstand mit Ernst Velek als Obmann die Arbeit auf. In vielen Gesprächen gelang es, die Bildung einander konkurrierender Verbände zu verhindern. Am 2. Juni 1946 schloss sich der „Bund vereinigter Volksmusikvereine“ mit seinem Präsidenten Stefan Kadrnoska dem VAMÖ an. Die Monatszeitung des Bundes „Allgemeine Volksmusik-Zeitung“ wurde vom VAMÖ übernommen und ab August 1946 als „Die Volksmusik“ weitergeführt. Mit Jänner 2008 wurde der Name in „VAMÖ-Nachrichten“ geändert.

Am 10. November 1946 fand im Alten Rathaus in Wien der 1. Verbandstag des VAMÖ nach dem Wiederaufbau statt. Der Präsident des VAMÖ, Gemeinderat Adolf Planek begrüßte hochrangige Gäste und der provisorische Obmann Ernst Velek stellte ausführlich das sehr schwierige Wiedererstehen des VAMÖ dar.

Die Neuwahlen hatten folgendes Ergebnis: Geschäftsführender Obmann wurde Ernst Velek, ihn unterstützten im Vorstand Rolf Chitil, Anna Steinmann, Karl Grand, Hubert Schalka, Oskar Opavsky, Franz Hofer, Ludwig Chytry, Hans Göstl, Josefine Bock, Walter Kaczarik, Eduard Grassl. Alois Florian, Heinrich Frattinger, Josef Scheuch und Leo Gludowatz.

Die Zeitung und das Sekretariat betreute Stefan Kadrnoska. Rolf Chitil war auch als Verbindungsmann zum Kulturamt der Stadt Wien tätig. Dieses Team schuf die Grundlagen für eine erfolgreiche Arbeit in den folgenden Jahren bis in die Gegenwart.

Der Wiederaufbau

Der Neustart war gelungen und so kam es, dass bei den folgenden Verbandstagen mit einem ständig erneuerten Kreis von Mitarbeitern gute Arbeit geleistet wurde. Zur Zeit des 1. Verbandstages waren 22 Vereine (18 Wiener, 3 Niederösterreicher und ein Steirer) Mitglied. Es waren dies 9 Mandolinenvereine, 9 Zithervereine, 2 Blasmusiken, ein Tamburizzaverein und eine Jazzgruppe. Ernst Velek blieb Obmann bis zum 3. Verbandstag am 3. Oktober 1953. Ab Oktober 1946 gab es wieder Verantwortliche für die Fachgruppen und Dirigenten und Lehrer für Solisten und Ensembles für die Mandoline, für die Zither, für das Akkordeon, für Blasorchester und für Streicher. Während seiner Amtszeit gelang es die Rundfunkkonzerte wieder ins Leben zu rufen und mit dem Auftritt von 300 Musikern im Arkadenhof des Wiener Rathauses am 12. Oktober 1947 die Öffentlichkeit zu interessieren.

1947 wurde ein Dirigentenlehrgang eingerichtet und dem großen Mangel an Musikstücken sollte ein Kompositionswettbewerb für Mandoline und Zither abhelfen. Von 1948 bis 1952 fanden fünf solcher Wettbewerbe statt.

Als Stefan Kadrnoska 1947 seine Ämter zurücklegte, folgte am 1. März 1948 Rolf Chitil als Sekretär und Leiter der Geschäftsstelle. Beim 3. Verbandstag wurde Franz Breuer zum Obmann gewählt. Er blieb es bis zum 8. Verbandstag am 24. November 1973.

In diesen fast auf den Tag genau 20 Jahren hat Franz Breuer dem Verband ein Profil gegeben, das bis in unsere Tage gültig geblieben ist. In seine Amtszeit fällt die verstärkte Teilnahme unserer Orchester im Rundfunk, der Ausbau der Dirigentenlehrgänge, die Schaffung der VAMÖ-Konzerte ab 1958 in Wien und ihre Ausweitung auf die Bundesländer, die alljährliche Teilnahme an der Eröffnung der Wiener Festwochen, die Ausgestaltung der Verbandszeitschrift zu einem Fachblatt ersten Ranges mit exzellenten Beiträgen von Adolf Grünberger,
Dr. Franz Knotzinger, Dr. Georg Kotek, Prof. Heinrich Pröll, Dr. Leopold Wech, Emil Wiessensteiner und vielen anderen, die Förderung des Akkordeons und die Verbesserung der Kontakte zum Ausland.

Bei der Gründung des Wiener Volksbildungswerkes 1954 war Franz Breuer einer der Proponenten und er war lange Jahre auch in dieser Organisation tätig und übte dort unter anderem die Funktionen als Obmann-Stellvertreter, Kontrolle,
2. Kassier und 1. Schriftführer aus. Damit begann eine sehr konstruktive Zusammenarbeit zwischen diesen beiden großen Organisationen.

Franz Breuer ist nie wirklich ausgeschieden. Nach seiner Amtszeit als Obmann widmete er sich ganz der Gestaltung der Verbandszeitschrift und war bis zu seinem Tod 1991 immer noch in verschiedenen Funktionen tätig.

Adolf Planek legte sein Amt 1965 zurück und an seine Stelle folgte Landtagsabgeordneter Prof. Leopold Wiesinger.

Beim 8. Verbandstag 1973 wurde Bernhard Rappel zum Obmann gewählt und er blieb es bis zum 10. Verbandstag. Am 14. November 1981 wurde dann die zweifache Akkordeon-Weltmeisterin Prof. Hermine Kaleta zur Vorsitzenden des VAMÖ gewählt. Sie war die 1. Frau in dieser Position und es wurde auch beschlossen den Begriff „Obmann“ auf „Vorsitzende“ zu ändern.

In diese Zeit fallen auch noch andere wichtige Entscheidungen zur Struktur des Verbandes. Die seminaristische Weiterbildung hat sich durchgesetzt und hält bis heute ungebrochen an. Die Zither hat 1979 mit dem ersten Seminar in Großrußbach begonnen und setzt diese Seminare bis in die Gegenwart fort, zunächst beide Stimmungen am gleichen Ort und zu gleicher Zeit. Ab dem siebenten Seminar (infolge der großen Beteiligung) wurde beschlossen, die Zitherseminare nach Stimmung getrennt weiterzuführen. 1982 folgte die Fachgruppe für Mandoline und Gitarre mit dem ersten Seminar in Feichtenbach. Auch diese Seminare werden bis in die Gegenwart fortgesetzt. Im selben Jahr begannen die Akkordeon Wettbewerbe, die ebenfalls bis heute durchgeführt werden. Auch die VAMÖ-Lehrerfortbildungsseminare im Bildungsinstitut für Erwachsenenbildung in Strobl am Wolfgangsee werden noch laufend abgehalten. Überdies veranstaltete die Akkordeonfachgruppe im Jahr 1980 den internationalen Akkordeonwettbewerb „Welt-Trophäe“ der C. M. A. in Brunn am Gebirge.

Ein fester Bestandteil der Verbandstätigkeit bis in die Gegenwart sind die 1958 begonnen VAMÖ-Konzerte. Bis heute finden sich viele Vereine zum gemeinsamen Spiel ein. Eine Leistung, die kein anderer Verband zuwege gebracht hat.

Beim 11. Verbandstag am 19. Oktober 1985, legte Prof. Leopold Wiesinger sein Amt nach genau 20 Jahren zurück. Ihm folgte Landtagsabgeordneter Oswald Strangl und im Jahr 2005 wurde Landtagsabgeordnete Marianne Klicka zur Präsidentin gewählt. Oswald Strangl wurde zum Ehrenpräsidenten ernannt.

Seit 1996 organisiert der VAMÖ in Kooperation mit Basis.Kultur.Wien (ehemals Wiener Volksbildungswerk) das Herbstfestival „Freude mit Musik“. Es ist dies ein bunter Konzertnachmittag mit Mitgliedsvereinen der Fachgruppe Musik von Basis.Kultur.Wien, dem Chorforum Wien, dem Österreichischen Blasmusikverband und dem Verband der Amateurmusiker und -vereine Österreichs.

Beim 19. Verbandstag, am 30. September 2017, legte Prof. Kaleta ihr Amt als Vorsitzende zurück und wurde mit Beschluss zur Ehrenvorsitzenden ernannt. Zu ihrer Nachfolgerin als Vorsitzende wurde Gabriele Breuer gewählt.

Die Gründergeneration der Reaktivierung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist nicht mehr unter uns. Sie hat mit viel persönlichem Einsatz die schwierigen Nachkriegsjahre überwunden und den Nachfolgern eine gute Erbschaft hinterlassen. Möge ihre Arbeit noch lange erfolgreich fortgeführt werden!

 

Text: Prof. Leopold Wiesinger
Ergänzungen: Herta Habersam-Wenghoefer und Gabriele Breuer